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Götakanal

Nach dem Sykustleden, dem Kattegattleden und dem Nordseeküstenradweg führte mich meine Tour zum Götakanal. Die Strecke von Tanumshede, dem Ende des Nordseeküstenradweges nach Vargön am südlichen Ende des Vänersees überbrückte ich mit dem Zug. Von dort ging es zunächst entlang des Sees bis Sjörtorp, dem Beginn des Kanals.

 

Tour Google maps

Donnerstag, 2. Juli

Vargön - Kraken bei Lidköping 50 km. 

Start ca. 14 Uhr. Sehr starker Rückenwind. Unterwegs in einem kleinen Laden eingekauft, der nur durch ein Fenster die Waren ausgab. Die Verkäuferin und Besitzerin war regelrecht panisch wegen Corona. Das hatte ich so in Schweden noch nicht erlebt. Nachdem ich von dem schwedischen Lehrerehepaar den Tipp mit der Shelter-Website bekommen hatte, wollte ich jetzt die Campingplätze meiden. Es gibt Shelter (Windschutz) und Kraken (Hütten). Ich hatte mir einen Kraken ausgesucht und mithilfe von den Koordinaten, die ich konvertiert bei Kommot eingeben konnte, auch gefunden. Ein wunderschöner Platz direkt am See und super Wetter. Die Hütte geputzt und in Besitz genommen. Es lag eine tote Hornisse auf dem Tisch, also habe ich die Tür immer geschlossen gehalten. Abendroutine, Heidelbeeren gepflückt (herrlich). Gegen 22:00 Uhr in die Hütte. Tief geschlafen. Es gab Mücken.

Freitag 3. Juli.

Kraken bei Lidköping  - Shelter bei Sjötorp 108 km

Ruhige Nacht, gut geschlafen. War 2:30 Uhr mal draußen, es war schon hell5:30 Uhr aufgestanden. Sehr kalt, auch die Kleidung. Kaffee zum aufwärmen und Frühstück mit einem großen Teller Heidelbeeren. Noch mehr Kaffee. Morgenroutine.

Start gegen 8:30 Uhr. 

Auf dem Rückweg zur Straße habe ich auch das Hinweiszeichen zum Kraken entdeckt, 20 Kronen  in eine Spendenbox geschmissen.

Sehr schöne Strecke, meistens über Landstraßen mit wenig Verkehr, leicht hügelig. In Lidköping eine neue Luftpumpe gekauft und den Reifendruck prüfen lassen. Der Verkäufer war sehr nett, und hat etwas Deutsch gesprochen. Handy zum Aufladen dort gelassen, nach Stadtbesichtigung wieder abgeholt.

Unterwegs in einem sehr schönen Café mit eigener Bäckerei eingekehrt. Kaffee, Zimtschnecke, Suppe, Brot und Butter so viel man wollte. Reichte für den Rest des Tages. Mariestad passiert ohne Besichtigung. Kurz vor Sjötorp sehr starker Verkehr. Mein Computer schickte mich auf eine Nebenstraße, die sich als Sackgasse erwies, ein Zaun versperrte die Weiterfahrt. Verfahren ist echt Mist.

In Sjötorp am Hafen Trinkwasser geholt und eingekauft.

Den anvisierten Shelter erreichte ich circa 17:30 Uhr. Der Platz war nicht so schön. Keine Abendsonne. Abends Nüsse und ein Bier. War aber eigentlich zu kalt für Bier. Erstmals den Biwacksack benutzt. 

 

Samstag, 4. Juli.

Sjörtorp-Vassbacken 33 km 

Aufgewacht bei Regen. Der Biwaksack hat gute Wärme gebracht, aber mein Schlafsack war nass. Die Verdunstungsfeuchtigkeit konnte nicht entweichen. Wollte ihn gleich entsorgen, zum Glück konnte ich mich bremsen. Ich habe ihn noch einige Male gebraucht. Kaffee zum Aufwärmen, Morgenroutine.

Besuch des Kanalmuseums in Sjörtorp (40 SEK). Der Göta-Kanal ist eines der größten Bauprojekte, das je in Schweden durchgeführt wurde. Der Kanal erstreckt sich von Sjötorp am Vänern bis Mem an der Ostsee. Er ist 190 km lang und hat 58 Schleusen. Die 87,3 km lange tatsächliche Kanalstrecke zwischen den fünf verbundenen Seen wurde von 58.000 schwedischen Soldaten gegraben. Der Bau war der Startschuss zum Wandel der schwedischen Gesellschaft von Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft. https://www.gotakanal.se/de/

Start ab Museum: 11:30 Uhr. Schotterwege und leichter Niesel. Nach den zwei langen Tagen diesmal ein kurzer Tag. Die Wettervorhersage war lausig und ich hatte einen nassen Schlafsack. Ziel Vassbacken. die Pächterin des Campingplatzes war eine Schwäbin. Auf dem Platz gab es einen Trockenraum,  herrlich. Schlafsack getrocknet, Wäsche gewaschen. Zum Abend in der warmen trockenen Küche gegessen. Rührei, Pellkartoffeln, Salat mit Tomaten und Mozzarella und grünen Salat, Krebssalat, alles sehr lecker. Und ein Bier. Danach noch Tee und Süßes. Zeitig schlafen gegangen.

5. Juli 2020

Ruhetag

Hatte mich am Tag vorher schon aufgrund der Wettervorhersage entschlossen nicht weiter zu fahren. War eine gute Entscheidung. 9:30 Uhr aufgestanden. An der Rezeption Brötchen, Butter und Marmelade gekauft. Den Tag mit Lesen verbracht. Nachmittags kamen sehr starke Windböen auf.

 

6. Juli

2. Ruhetag 

8:00 Uhr aufgestanden. Windböen bis Stärke 8 Beaufort. Das Zelt zweimal umgestellt, bevor es einigermaßen windgeschützt stand. Teilweise sehr kalt. Nachmittags Suppe mit Brötchen für 60 SEK . "Maria Stuart" von Stefan Zweig zu Ende gelesen. Zeitig ins Bett.

Dienstag, 7. Juli

Tour Vassbacken-Hammar 117 km

5:00 Uh aufgestanden. Entgegen der Vorhersage hatte es noch mal geregnet, In der Nacht die "Rettungsdecke" über dem Schlafsack gelegt. Funktioniert besser als der Biwaksack, die Feuchtigkeit kann weg. Die Rettungsdecke von Relags hat die   Aufteilung in eine Gold- und eine Silberschicht und schirmt die eigene Körperwärme ab, so dass der Körper vor Unterkühlung geschützt wird

 

Start 8:30 Uhr. Asphaltierte Nebenstraßen, meistens den Wind von hinten. Unterwegs das Industriedenkmal Forstviks Bruk besichtigt. Eine Bruk war eine schwedische Besonderheit. Sie bestand aus einer Ansammlung von Werkstätten und Industrieanlagen, die einem Besitzer gehörten. Die angestellten Arbeiter und Ihre Familien bildeten eine kleine soziale Einheit.

 

In Karlsborg das Stadtzentrum gesucht, das es nicht gab. Kurze Fahrt durch die Festung. Danach zur Fähre, die es auch nicht gab.

 

Es gab aber eine Tourist-Info: Zweimal in der Woche fuhr ein Schiff über den Vätternsee von Karlsborg nach Motala, Montag und Freitag, ich war Dienstag da. Das war mir bei den Vorbereitungen entgangen. Anständig geärgert und den Umweg um die Nordspitze des Vätternsees geplant (100 km).

 

Es gab zwei Strecken. Eine hügelige durch ein Naturschutzgebiet und eine flachere an der Hauptstraße. Die Entscheidung für die flachere Strecke war mit Sicherheit die Falsche. Viel Verkehr mit wenig freundlichen Autofahrern. Mit Rückenwind gut vorangekommen, zwischendurch immer wieder Regen.

 

Zelten bei Hammar am Badestrand, der Shelter lag in unzugänglichem Gelände. Kalt. Eine schwedische Familie badete, ich hatte alles an, was ich hatte. Abendessen: Fertiggericht, Gurke, Krebssalat, Brötchen, Käse. Bier, heißer Tee, Süßigkeiten. Circa 22:00 Uhr schlafen. Gut geschlafen, nicht gefroren.

Mittwoch, 8. Juli

Hammar-Borensberg 86 km

5:30 Uhr aufgestanden. Kalt und Regen, später kam die Sonne. Mutig in die Kleider, der Anblick draußen entschädigte. Startklar gegen 7:45 Uhr. Traumhafter Morgen, den ich am benachbarten Bootsanleger noch etwas genoss. Ein Schwede kam vom Schwimmen und unterhielt sich mit mir einige Minuten, nur mit einem Handtuch um die Hüften gewickelt (ich hatte alles an, was ich hatte). Er erzählte, dass er und seine Frau um diese Jahreszeit normalerweise mit dem Wohnmobil im Süden unterwegs wären. Dieses Jahr dürften sie nicht. Deshalb wären sie hier in ihrem Ferienhaus. Später sollte ich sie nochmal in Motala an den Schleusen treffen.

Tourstart 8:15 Uhr. Es lief gut. Zwischendurch sehr kalt. Regenschauer. Bergauf sehr geschwitzt, bei den Abfahrten sehr kalter Wind. Vor allem am Kopf, grenzwertig. An einem Sportplatz Pause gemacht, die Sonne kam zaghaft heraus. Weiter bis Motala. Sehr kalt. Trotz Anstrengung war es schwer, die Körpertemperatur zu halten. In Motala endete die Seeumrundung. In einem gemütlichen Bistro gab es jede Menge heißen Kaffee und ein warmes Sandwich. Danach ging es mir besser. Inzwischen kam auch die Sonne raus, ich war fit, wollte für die nächste Nacht trotzdem auf einen Campingplatz, ich brauchte eine Dusche. Und am nächsten Morgen sollte die Temperatur wieder einstellig sein. Da wäre ein Frühstück in der Camper Küche nicht schlecht. 

 

Unterwegs einige "Amischlitten" fotografiert, die in Schweden gern gefahren werden.

Die Rezeption des Campingplatzes (160 SEK)  in Borensberg war nicht besetzt, es gab nur eine Telefonnummer. Die erste Auskunft war, es gäbe keinen Platz für mein Zelt, die zweite, ich sollte in 10 min noch mal anrufen. Also erst mal in den Supermarkt, einkaufen: Bier, Nüsse, Milch, Banane, Erdbeeren, Öl. Ich habe schließlich noch den einzigen freien Platz bekommen, direkt am Eingang. Nun ja. Wie ich es verstanden hatte, war der Platz nur für Mitglieder des Caravanclubs und auf Gäste nicht eingestellt. Der Baderaum war warm, die Dusche war heiß. Alle Leute zogen die Schuhe aus, als sie das Gebäude betraten. Es war ein bisschen so, als wäre man bei Bekannten zu Besuch. Gegen 22:00 Uhr ins Zelt, In der Nacht sehr kalt, ich brauchte die Rettungsdecke.

 

Donnerstag der 9. Juli

Borensberg- Rastplatz kurz vor Söderköping 82 km

4:30 Uhr wach geworden, Außentemperatur 8°. Die Kleider geschnappt und im Waschraum umgezogen. Dort war es mollig warm. Frühstück mit vielen Erdbeeren.

Start 8:40 Uhr. Schöner Weg, immer am Kanal entlang. Sehr kalt, aber das ist wohl eher subjektiv, wie ich an der Kleiderordnung der ansässigen Schwedinnen sehen konnte.

An der Mündung in den See Roxen sechs Schleusen hintereinander. Ein Meisterwerk der Baukunst. Viele Besucher mit Wohnmobilen und jede Menge Schilder, die auf den "Abstand" aufmerksam machten. Das Wetter hatte sich gemacht, es war leicht wärmer geworden.

Bei der Weiterfahrt um den See herum die falsche Seite gewählt. Links waren die "Hügel", rechts war es flach. Ich fuhr links, es war brutal anstrengend. In Norsholm war die Quälerei erst mal zu Ende. Einkauf und Wasser bunkern, wollte wild campen. 

Nach einer schönen flachen Strecke entlang des Kanals kam dann die nächste Strapaze. 

Am See Asplången führte der Weg wieder vom Kanal weg, über steile Schotterpisten, auf und ab. Ohne mein Navi wäre ich verloren gewesen. Zu meiner Freude kam mir eine Familie mit Kindern im Fahrradanhänger (!) entgegen. Zumindestens war ich nicht die einzige Verrückte auf diesem katastrophalen Weg.  

Kurze Abwechslung von der Schinderei. Ein Freak am Wegesrand.

Zurück am Kanal, war der erste Rastplatz kurz vor Söderköping mein Schlafplatz. Ankunft 17:30, noch genug Zeit, den wunderschönen Platz zu genießen. Hoch erhoben auf einem Felsen gab es eine Feuerstelle, Müllbehälter, schöne Sitzbänke und eine Schutzhütte mit sehr schmalen Bänken. Zelt daneben aufgestellt. Der benachbarte Golfplatz schmälerte etwas die Idylle.

Schwarze aufziehende Wolken nahmen mir etwas die Ruhe, zogen aber vorbei, wunderbare Abendsonne. Als Vorspeise: Bier und Nüsse. Hauptgericht: Tomate und Mozzarella mit Basilikum. Gegen 21:00 Uhr ins Zelt, lesen, schlafen.

"Hobbit" -Behausung .

Freitag, 10. Juli

Rastplatz kurz vor Söderköping - Vikbolandet 75 km 

5:30 Uhr aufgewacht. Mutig in die kalten Kleider, 10°. Alles angezogen, was ich hatte. Kaffee zum Aufwärmen. Nach dem Frühstück ging es dann einigermaßen mit der Körpertemperatur, die wunderschöne Stimmung hat entschädigt. Nach dem anstrengenden Vortag gebummelt. Bestandsaufnahme und fotografische Dokumentation aller mitgenommenen Dinge. 

Unterwegs die Erklärung für den "Neubau" des Kanalabschnittes kurz vor Söderköping gefunden. 

Ankunft in Söderköping gegen 11:00 Uhr. Highlight des Tages: Ein Café mit ganz vielen Steckdosen!!! Viel Kaffe und ein Kanelbullar (Zimtschnecke).

Söderköping ist ein netter Ort und könnte auch in Italien liegen. Schöne Gebäude und viele Blumen, sehr stimmungsvoll.

Weiterfahrt nach Mem, Mündung des Götakanals in die Ostsee.

Teil 4 meiner Reise war zu Ende, jetzt sollte es wieder Richtung Süden gehen. Ich wollte die Rückreise noch etwas herauszögern und in einem schönen Shelter direkt an der Küste übernachten. Allerdings lag das Ziel 54 Km und unzählige Hügel entfernt. Ich war gut im Training, so dass mich auch der Gegenwind nicht von dieser im nach hinein blöden Idee abhalten konnte. Ergebnis: Der Shelter lag auf einer Insel, der Ort war touristisch überlaufen und der Campingplatz (280 SEK) hatte nichts zu bieten. Das einzig Sehenswerte waren drei Oldtimer.

Samstag, 11. Juli  87 km

Vikbolandet an der Ostseeküste - Söderköping

4:00 Uhr aufgestanden, kalt und nass, deshalb in der Freiluftküchenzeile gegessen. Start: 6:45 Uhr. Regen und der Wind natürlich wieder von vorn. 

Mit der Fähre in Stegeborg übergesetzt. Sie fuhr stündlich, die nächste 9 Uhr, ich war an 8:53 Uhr dort. Man muss auch mal Glück haben. Sehr kalt, ich musste in Bewegung bleiben.

Die restlichen 20 km waren hügelig, aber nicht mehr so steil. Ankunft 10:40 Uhr in Söderköping. In meinem "Lieblingscafé" mit den vielen Steckdosen habe ich mich erst mal 3 Stunden erholt und leidlich geärgert.